Anekdoten schlummern in Kirchenbüchern
Die Kraichgau-Stimme berichtete am Samstag, 19. Februar 2011
Roland Müller arbeitet an Kleingartacher Chronik mit
Von Nicole Theuer
EPPINGEN. Akribisch wälzt Roland Müller seit Monaten Berge von Akten. Alte Kirchenbücher, Leichenbücher, Geburtenbücher, Ehebücher und Familienregister werden von dem 48-jährigen Kleingartacher durchforstet. „Mich interessiert meine Familiengeschichte, deshalb habe ich angefangen, private Ahnenforschung zu betreiben." Anlass dafür war, dass seine Großeltern verstarben, als Müller selbst noch ein Kind war. „Von dieser Seite her konnte ich also nicht mehr erfahren, was mit vorhergehenden Generationen war." So begann der Verwaltungsangestellte bei der Stadt Brackenheim mit seiner Arbeit. „Von Vorteil ist natürlich, dass ich vertretungsweise bei der Stadt im Standesamt tätig bin und so von beruflicher Seite aus Einblick in die Unterlagen bekomme."
Müllers Passion blieb natürlich nicht lange verborgen. Und so wurde er gebeten, seine private Ahnenforschung auszuweiten. „Bis 2013 soll eine Kleingartacher Ortschronik erscheinen, für die ich die Quellen liefern soll", erzählt er mit Glanz in den Augen. Entdeckt er interessante Anekdoten, gibt er sie an die Verantwortlichen um Ortsvorsteher Friedhelm Ebert weiter.
Müller begann, die alten, in Althochdeutsch verfassten Kirchenbücher ins Schriftdeutsch zu übersetzen. „Zunächst war es gar nicht so einfach, überhaupt Zugriff auf die Unterlagen zu bekommen", erinnert er sich an die Anfänge seiner Arbeit zurück. „Selbstverständlich war ich auf die Erlaubnis der Pfarrerin und des Kirchengemeinderates angewiesen, damit ich überhaupt Einsicht in die Bücher nehmen konnte." Die bekam er, doch er hatte eben nicht ungehindert Zugriff auf die Akten. „Ich musste immer einen Termin ausmachen und konnte die Pfarrerin natürlich auch nicht ständig belästigen."
Als nächstes steuerte er das Landeskirchenarchiv Württemberg in Stuttgart an. „Dort sind sämtliche Kirchenbücher mikroverfilmt und katalogisiert worden." Doch auch diese Quelle erwies sich schnell als Sackgasse. „Ich hätte mir von allen Büchern Kopien ziehen müssen, und das wäre sehr teuer geworden, außerdem ist die Qualität der Kopien sehr schlecht." Die Rettung war ein Gedankenaustausch mit Gotthilf Sachsenheimer. „Er hat mich auf die Idee gebracht, die Seiten der Bücher mit einer Digitalkamera abzufotografieren." Dieser Vorschlag brachte den Durchbruch. Einen Vorteil hat diese Methode zusätzlich. „Ich bin auf niemand angewiesen und kann arbeiten, wann immer ich Zeit habe."
Längst beschränkt sich Roland Müller nicht mehr nur auf die Zusammenstellung der Stammbäume. „Aus den verschiedenen Quellen habe ich markante Ereignisse herausziehen können, die ich für die Ortschronik als Material zur Verfügung stellen werde." Von der Arbeit des Hobbygenealogen ist auch Bernd Röcker, Vorsitzender des Heimatvereins Kraichgau, angetan. „Er arbeitet sehr detailgenau, seine Forschungen und Ergebnisse werden für die Erstellung der Chronik sehr wichtig sein."