Wo die Quellen schweigen, reden die Steine
Die Rhein-Neckar-Zeitung berichtete am 21.03.2005
Besichtigungstour des Heimatvereins Kraichgau führte zu Burgen und Schlössern in Grombach, Neuhaus und Ehrstädt
von Ira Betz
Bad Rappenau-Grombach/Ehrstädt. Die Exkursion des Heimatverein Kraichgau e.V. führte mehr als hundert Besucher zu Burg- und Schlossanlagen in Grombach, Neuhaus und Ehrstädt.
Meist erzählen sie die Geschichte der Wohlhabenden und Einflussreichen, nur selten die Schicksale der einfachen Kraichgauer Landbevölkerung und manchmal wie bei der Grombacher Burg geben die Akten nicht viel, die Steinmauern nur wenig her. „Wir haben nicht einmal einen Grundriss des Gebäudes gefunden", bestätigte Burgenexperte Nicolai Knauer die schlechte Quellenlage.
Auf jeden Fall habe es eine alte Burg gegeben - ob daher noch Steine oder Fundament rühren, bliebe im Dunkeln, informierte Knauer auch viele Grombacher Bürger, die mehr aber „ihre Burg" erfahren wollten. Das monumentale Steinhaus, eine typische Bauform der Gotik aus dem 14. Jahrhundert, durch einen Wehrgang damit verbunden ein Rundturm aus markanten Buckelquadern, der efeubewachsen das Ortsbild prägt, regte auch die kindliche Fantasie an: „Wohnt da Rapunzel?", fragte ein junger Gast interessiert.
Was Baunähte aussagen, erklärte Knauer anhand des Turms. Der heutige Eingang auf ebener Erde sei nachträglich eingefügt worden und hätte ursprünglich höher gelegen. Eine Urkunde erwähnt den Adelssitz im Jahr 1208 das erste Mal. 1498 wurde das Gebäude für etwas mehr als 4 000 Gulden an Stefan von Venningen gekauft. Dr. Amold Scheuerbrandt lenkte das Augenmerk unter anderem auf die noch heute sichtbaren Wappen der Herren von Venningen am Gebäude.
Die lilienhaft wirkenden gekreuzten Streitkolben weisen darauf hin. Auf den eigentümlichen Namen Raitz von Frenz zu Schlenderhan hörten weitere Besitzer der Tiefburg - Vorfahren des bekannten Gestütes Schlenderhan. Gesichert sei, so Scheuerbrandt, ein Wiederaufbau der Burg im Jahr 1544. Er vermutet zwei Zerstörungen im bayrisch-pfälzischen und später im pfälzischen Erbfolgekrieg. 1893 wurde die Anlage, zu der auch heute noch ein Gutshof gehört, an die Zuckerfabrik Waghäusel verpachtet, später an die Südzucker-AG. Bis in die 50er Jahre hat der Hof runden 80 Prozent der Grombacher Einwohner Arbeit gegeben.
Davor hatte es sich während der Herrschaft der Nationalsozialisten als Hochburg der katholischen Zentrumspartei einen Namen gemacht: „Zwei Drittel der Bevölkerung waren katholisch und das Zentrum erhielt rund 70 Prozent der Stimmen während in umliegenden Orten so viele Stimmen an die NSDAP gingen", so Scheuerbrandt. Als früherer Verkehrsknotenpunkt habe die „Kontrollburg" an der Kreuzung zweier wichtiger Straßen gelegen, der Straße zwischen Waibstadt, Massenbachhausen und Heilbronn sowie der Straße zwischen Sinsheim, Fürfeld und Wimpfen. Das Renaissance-Schloss Neuhaus zwischen Grombach und Ehrstäd war zweites Ziel. Wie viele andere Schlösser wurde die Anlage dort gebaut, wo früher eine befestigte Burg gestanden hatte, die 1281 das erste Mal schriftlich erwähnt wurde. Christoph Martin von Degenfeld hatte den Besitz für eine geringe Summe beim Großherzog von Württemberg erworben, das bestehende Gebäude abgerissen und das Haus mit dem markanten viereckigen Eckturm erstellen lassen. Fein ausmodellierte Gesichter aus Sandstein ließen, so Bernd Röcker, an die Arbeiten des berühmten Stetnmetzes des 16. Jahhunderts, Jacob Müller erinnern.
Der Schlosshof in Ehrstädt und der Blick auf die Dionysos-Kirche bildeten den Abschluss der Besichtigung. Der Gutshof des Adligen Damenstiftes in Bockschaft und die Ravensburg bei Sulzfeld sollen bei zukünftigen Exkursionen besichtigt werden, gab Bernd Röcker bekannt.
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