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„Langenbrücken hat viel zu bieten“

Amtsblatt der Gemeinde Bad Schönborn vom 29. Juni 2017
von Bettina Hahne-Waldscheck

Historische Führung durch den Ort mit Stationen am ehemaligen Rathaus, der zweitältesten Tankstelle der Welt, der geschichtsträchtigen St.-Vitus-Kirche, der Millionen Jahre alten Schieferwand und dem Kurpark mit seiner Bädergeschichte. (bhw).

Um gleich mit den Superlativen zu beginnen: Langenbrücken ist nicht nur Kurbad mit Geschichte, der Ort war im Mittelalter wichtige Zollstation, hat eine Millionen Jahre alte Schieferwand mit Fossilien sowie eine multi-epochale Kirche. Der Heimatverein Kraichgau hatte Langenbrücken als Exkursionsziel ausgewählt, doch unter den 18 Geschichtsinteressierten am Samstagnachmittag fanden sich nicht nur Vereinsmitglieder, sondern auch neun Bad Schönborner.

„In Langenbrücken waren wir lange nicht, und es hat viel zu bieten“, sagt der Vorsitzende des Heimatvereins Kraichgau, Bernd Röcker.

Bernhard Steltz begrüßte die Besucher stellvertretend für Bürgermeister Huge und verwies auf die lange Geschichte Langenbrückens und Mingolsheims.

Ein lange Brücke von West nach Ost: 1269 wurde der Ort erstmals urkundlich als ,,Langenbrucke“ erwähnt. „Eine lange Brücke, die von West nach Ost durch ehemaliges Sumpfgebiet führte, etwa dort, wo sich heute die Dammstraße befindet, gab dem Ort,der als Verkehrsknotenpunkt entstand, seinen Namen“, erklärt Historiker Rudolf Schmich, der zusammen mit Geograph und Biologe Jürgen Alberti die Führung leitete. Im Ortszentrum, dem Niederbronn-les-Bains-Platz, verweist die Brunnenplastik mit Bischofsstäben auf die Jahrhunderte lange Zugehörigkeit zum Fürstbistum Speyer, die Brücke auf den Namen des Ortes, das Wasserspiel auf die Bädergemeinde.

Musikschule: Nächster Stopp ist die Musikschule. „Dies ist das frühere Rathaus von 1732“, erklärt Schmich. „Es wurde über der ehemaligen Zoll- und Geleitstation aus dem 14. Jahrhundert errichtet.“ Die heutige B3 war eine wichtige Route, auf der Kaufleute sogar aus Italien bis zur Frankfurter Messe unterwegs waren. Weil man sich zwischen Bruchsal und Wiesloch bewaffnete Reiter und bis zu zehn Musketiere als Geleit bestellen und den Zoll für dieselbe Strecke in Langenbrücken entrichten. Ab Wiesloch gab es neues Geleit.

St. Vitus-Kirche: Die St. Vitus-Kirche entstand um 1240 im spätromanischen Stil, erfahren die Besucher. Reste des Kirchturms mit einem Relief des Kirchpatrons sind noch erhalten. 1510 erbaute man daran eine spätgotische Kirche, die 1757 durch ein Langhaus im barocken Stil erweitert und 1907 nochmals verlängert wurde. Schmich: „Pfarrer Dor setzte sich 1908 für eine christozentrische Ausrichtung ein, die Heiligen kamen an den Rand, Christusfiguren ins Zentrum, wie im Hochaltar zu sehen.“

Zweitälteste Tankstelle der Welt: Nur ein paar Häuser weiter befindet sich die ehemalige „Großherzogliche Cur-Apotheke“ , die zweitälteste Tankstelle der Welt, auf der Berta Benz auf ihrer historischen Automobil-Fahrt von Mannheim nach Pforzheim ihr Benzin kaufte.

Posidonienschiefergrube: Weiterer Höhepunkt: Die Posidonienschiefergrube. „Diese Schieferwand ist der einzige Aufschluss aus der Zeit des Jura im Oberrheingebiet“, erklärt Jürgen Alberti. „Bis 1902 wurde hier circa 20 Jahre lang das ölhaltige Schiefer abgebaut und durch einen Tunnel unter der B3 auf Schienen zum Bahnhof und weiter zum Heidelberger Portland-Zementwerk gefahren.“ Nach zeitweiliger Nutzung der Grube als Schuttablage oder Hühnerfarm erklärte man 1976 die Schieferwand zum geologischen Naturdenkmal; man findet noch heute Muscheln, Ammoniten, Seelilien und Schlangensterne als Fossilien.

Kurpark: Ausklang fand die Führung im Cafe Pavillon im Kurpark. 1766 wurde hier durch den Erwerb der Schwefelquelle durch Fürstbischof Franz von Hutten und 1824 durch Franz Peter Sigel (weite Blüte) Langenbrücken zum bekannten Kurort, der vornehme Besucher aus ganz Europa anzog.

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